Was ist relevant? So überzeugst du Journalisten von deinem Thema
Für Presseartikel gelten journalistische Grundregeln. Eine davon ist die Relevanz des Themas. In der aktuellen Cision-Studie „State of the Media 2023“ zeigt sich jedoch, dass Journalisten immer noch zu einem Großteil mit nicht-relevanten Nachrichten, Themen und Angeboten bombardiert werden. Über 60 % der befragten Redakteure und Redakteurinnen bekommen wöchentlich bis zu 50 und knapp 25 % bis zu 100 Themenvorschläge. 6 % erhalten sogar 150 Vorschläge und mehr. Leider ist für 82 % der Empfänger nur maximal jeder vierte Vorschlag wirklich „relevant“. Der Rest geht oft ungelesen in die Tonne.
Das deckt sich übrigens mit den Ergebnissen der zweiten wichtigen Journalistenstudie „The State of Journalism 2023“.
Nicht nur die fehlende Relevanz ist hier das Problem, sondern auch, dass gute Vorschläge in der Masse untergehen können und die Journalisten viel Zeit investieren müssen, um diese Vorschläge zu prüfen. In der Studie geben fast die Hälfte der Befragten (47,5 %) an, wöchentlich 1 bis 3 Stunden mit der Prüfung von Themenvorschlägen zu verbringen. 7,4 % investieren 8 und mehr Stunden dafür. Das ist traurig, weil die Zeit so viel besser genutzt werden könnte.
Fazit: PR-Verantwortliche sollten hier deutlich nachbessern. Die Qualität und die Relevanz der Themenvorschlage muss optimiert werden.
Dazu muss zunächst klar sein, was „Relevanz“ überhaupt bedeutet. Ich bin dieser Frage einmal nachgegangen.
Der Deutsche Journalisten Verband DJV beschreibt das Berufsbild des Journalisten in etwa so: „Aufgabe von Redakteuren und Redakteurinnen besteht darin, über Themen, Sachverhalte, Vorgänge und Geschehnisse zu berichten, die für die Öffentlichkeit von allgemeiner, politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung sind“.
In der Praxis können PR-Verantwortliche mit dieser Beschreibung allerdings nicht viel anfangen. Zum einen ist der Begriff der „Öffentlichkeit“ zu breit gefasst, zum anderen variiert die Bedeutung von Informationen je nach Fachgebiet, Medium und Zielgruppe erheblich.
Was für die Tagesschau eine relevante Information ist, ist für ein Ingenieurmagazin gar nicht relevant. Warum? Weil sich die Tageschau an die gesamte Öffentlichkeit (= alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland) richtet, das Ingenieurmagazin aber nur an Ingenieure. Die Relevanz wird also tatsächlich dadurch bestimmt, was für die Leser, Zuhörer oder Zuschauer des einzelnen Mediums von Interesse ist.
Faktoren für Relevanz
Was interessant ist, wird wiederum u. a. durch Faktoren wie Aktualität, Informationsgehalt oder geografische Nähe sowie Emotionalität und Originalität definiert.
Die Informationen müssen:
- Geografisch zum Verbreitungsgebiet / Reichweite des Mediums passen. Eine Nachricht aus der Region Aachen interessiert niemanden in Hamburg.
- Aktuell sein. Zeitnahe Ereignisse und Entwicklungen haben oft Vorrang vor älteren Geschichten. Es sei denn, es handelt sich um eine tiefgreifende Analyse oder einen Rückblick.
- Einen informativen Wert haben. Journalisten suchen nach Fakten, Daten und Expertenmeinungen, um ihre Berichte zu stützen.
- Emotionen hervorrufen. Emotionen wie Freude, Empörung, Mitgefühl oder Neugier ziehen Leser, Zuhörer und Zuschauer an.
- Einzigartig / ungewöhnlich sein. Einzigartige Geschichten oder ungewöhnliche Perspektiven auf bekannte Themen können besonders attraktiv sein.
- Signifikante Auswirkungen haben. Themen, die die Gesellschaft, die Wirtschaft, die Politik oder die Kultur in erheblichem Maße beeinflussen, sind von besonderem Interesse.
Hilft dir das weiter? Wahrscheinlich noch nicht richtig.
Hier sind ein paar Tipps und Fragestellungen, die dir bei der Entscheidung helfen, ob deine Story relevant ist.
Harte Kriterien
1. Schau dir jedes einzelne Zielmedium genau an. Wie groß ist das Verbreitungsgebiet oder die Reichweite? Lokal, regional, national oder international.
Lokale Medien haben eine begrenzte Reichweite und sind auf eine konkrete Stadt oder Gemeinde beschränkt (z. B. Tageszeitung für deine Stadt).
Regionale Medien haben eine größere Reichweite und decken eine bestimmte Region oder ein bestimmtes Bundesland ab (z. B. Westdeutsche Allgemeine, Rheinische Post, WDR).
Nationale Medien haben eine noch größere Reichweite und sind in der Regel in der gesamten Nation erhältlich (z. B. bundesweite Zeitungen wie Süddeutsche, FAZ, Wirtschaftsmagazine wie Spiegel, Fokus, ARD, ZDF)
Internationale Medien haben die größte Reichweite und sind in der Regel weltweit verfügbar.
Die Einteilung von Medien nach Verbreitungsgebiet ist jedoch nicht immer klar definiert, da einige Medien sowohl lokal als auch national oder international sein können.
2. Mach dir klar: Je größer die Reichweite, je kritischer wird deine Information geprüft.
Ist die Nachricht über das 25järige Jubiläum eines kleinen Unternehmens in Aachen interessant für die Leser im Norden? Nein.
Ist die Meldung eines kleinen Unternehmens in Aachen über eine neue App oder eine Innovation, die Menschen überall in Deutschland hilft, interessant für die Leser im Norden oder Süden? Sicher.
3. Ist deine Nachricht aktuell, gar heiß?
Dieses Kriterium allein reicht nicht für eine Relevanz, es kann aber die Relevanz völlig zunichtemachen, wenn deine Informationen veraltet sind. Ist die App bereits vor zwei Jahren auf den Markt gekommen? War das Jubiläum vor zwei Monaten? Dann ist die Nachricht für alle Medien uninteressant.
Weiche Kriterien
Die geografische Reichweite und Aktualität sind harte, nachprüfbare Kriterien. Informationsgehalt, Emotionen und Einzigartigkeit sind eher weiche Kriterien, die vom Redakteur oder der Redakteurin oft subjektiv zu bewerten sind.
4. Wie hoch ist der tatsächliche Informationsgehalt deine Nachricht?
Kannst du Fakten liefern, Belege für Behauptungen erbringen oder als Experte auftreten? Die meisten Unternehmen glauben, dass ihr Produkt oder ihre Dienstleistung etwas Besonderes, ja einzigartig und innovativ ist. Das ist ja auch verständlich, denn sie wollen ja verkaufen. Das schreiben sie dann auch. Ist das wirklich so? Kannst du das beweisen?
Merke: Behauptungen sind nicht relevant. Fakten sind relevant. Übertreibungen und Superlative sind ein absolutes No-Go.
5. Gibt es rund um deine Nachricht, deine Informationen eine Geschichte, die du erzählen kannst?
Journalisten interessieren sich meistens nicht für das Produkt oder das Unternehmen, sondern für die Geschichte dahinter. Wie ist dein Unternehmen entstanden? Wie kam es zu der neuen Idee? Denk daran: Auch Misserfolge sind interessant. Das führt dich zu Einzigartigkeit. Eine Geschäftsidee, entstanden aus einem Misserfolg oder einem Zufall, ist ungewöhnlich. Versuche, deine Informationen von den 08/15 Stories abzuheben.
6. Zuletzt könnten die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, sozialen oder politischen Auswirkungen eine wichtige Rolle bei der Relevanz-Entscheidung spielen.
Führt dein Produkt oder deine Dienstleistung dazu, dass sehr viele andere Menschen oder Unternehmen erfolgreicher sein können? Denk nochmals an die neue App oder Erfindung, die Menschen im Alltag hilft. Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit aus?
Kannst du solche Aspekte herausarbeiten, ist deine Nachricht für nahezu alle Medien interessant, auch für die großen Fernsehsender.
Zusammenfassung
Selbst zu entscheiden, ob eine Information, eine Nachricht oder Geschichte relevant ist, ist schwierig. Während die harten Kriterien von dir schnell abgeklopft werden können, sind die weichen schwer zu entscheiden. Meine Empfehlung, auch um der Entlastung der Redakteure und Redakteurinnen willen, lautet: Im Zweifel lass es dieses Mal sein.
Wenn du der Meinung bist, dass deine Information, deine Nachricht oder Geschichte relevant ist, arbeite die Entscheidungskriterien gut heraus und liefere den Redakteure und Redakteurinnen die Argumente für eine positive Entscheidung.
Viel Erfolg.
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