Felix Behm: „Generation Z – ganz anders als gedacht” – oder eben doch nicht

„Generation Z – ganz anders als gedacht“ von Felix Behm klingt zunächst wie ein Elternratgeber. Und ein bisschen wirkt das Fachbuch im ersten erklärenden und zweiten psychologisch-analysierenden Teil auch so. Denn da bekommen wir Eltern von Z-lern nach einer informativen Kurzeinweisung in die Generationen ganz schön unser Fett weg. Und ebenso einen guten Teil der Schuld am Status quo zugeschoben: Zu sehr beschützt, zu sehr verwöhnt, zu sehr mit digitalen Medien alleingelassen.

Das Resultat der überbehütenden Einzelkinder-Helikopter-Eltern laut Behm: Eine Generation mit dem Motto: „Weil ich es mir leisten kann“, die die hohen Ansprüche des Elternhauses auch auf den Arbeitsmarkt überträgt. Behms Buch soll deswegen eine Hilfestellung für alle Personaler, Marketingfachleute und Geschäftsführer sein, die Z-ler ansprechen wollen. Wie sollte man mit ihnen kommunizieren? Welche Kanäle sollte man nutzen?

Behm will mit den Vorurteilen aufräumen und das wahre Gesicht der Z-ler zeigen. Dazu muss man diese Generation erst einmal verstehen. Im dritten Teil des Buches geht er daher zwecks Kommunikationsoptimierung zunächst auf die Jugendsprache ein. Ein schwieriges Unterfangen für das so starre Medium Buch – denn kurz nach dem Erscheinen werden vermutlich viele der Ausdrücke schon überholt sein.

Es folgt eine Übersicht und Erklärung zu aktuellen Social-Media-Kanälen. Andere Baustelle, gleiches Problem: angesagte Kanäle wie BeReal finden noch keine Erwähnung, das für die Z-ler völlig uninteressante Facebook (oder inzwischen eigentlich Meta) wird erwähnt. Die Instagram-Beschreibung passt, aber wer weiß wie lange noch. Aufgrund des schnellen Wandels der Social-Media-Welt wird sich dieses Problem aber von keinem Buchautor lösen lassen. Da müsste schon ein ähnlich aktuelles, flexibles Medium und kein gedrucktes Buch her.

Teil 5 bis 10 befasst sich dann mit der für seine Zielgruppe interessanten Frage: Wie kriege ich diese Generation zum Arbeiten? Recruiting im Hinblick auf die Gen-Z scheint nach Behms Meinung eher auf weiche Faktoren wie den „Kuschelfaktor“ hinauszulaufen. Zusammengefasst muss das perfekte Unternehmen für die Generation Handy folgende Eigenschaften aufweisen:

  • Mittelgroß sein
  • Nachhaltig, inklusiv und sinnstiftend arbeiten
  • Flexible Arbeitszeiten und -orte bieten
  • Flache Hierarchien pflegen
  • Nur nette Mitarbeitende einstellen
  • Wertschätzung ausdrücken
  • Am besten jeden Tag positives Feedback geben
  • Zukunftssichere Jobs mit Perspektive und Weiterbildungsmöglichkeiten bieten
  • Neuste Technologien einsetzen
  • Und einen Chef besitzen, der den „Kuschelfaktor hat und sich eher als Coach und Mentor sieht

Ja, da wollen wir alle arbeiten, oder? Auch wenn das Buch sich mit vielen Beispielen aus Behms Arbeitsalltag eine Übersicht über alle Anforderungen erarbeitet, bleibt es zweifelhaft, ob er damit die Chefs der „alten“ Generation (damit sind die sogenannten „Babyboomer“ und „X-ler“, also Jahrgänge 1950-1979 gemeint) überzeugt und ein Umdenken auslöst.

Fazit: Das Buch gibt einen Überblick über die Hinter- und Beweggründe und Tipps zur Ansprache der Gen-Z. Wer bei dem Titel „Ganz anders als gedacht“ allerdings neue Erkenntnisse erwartet, liegt falsch. Behm fast vieles zusammen und gibt hilfreiche Tipps für Chefs, Marketingmenschen und Personaler. Und regt auch hier und da zum Nachdenken über die Gründe für das (meist noch pubertäre) Verhalten der Gen-Z an. Eine andere Sichtweise erreicht er aber damit eher nicht. Mehr Verständnis vielleicht. Aber wenn das vorher nicht da war, wirds auch mithilfe des Buches nix. Gewünscht hätte ich mir eine stärkere Ausarbeitung des auf dem Titel angekündigten Potenzials dieser extrem smarten Generation. Denn da gibt es zumindest nach meiner Erfahrung viel, viel Positives wie beispielsweise große Begeisterungsfähigkeit, extrem schnelle Auffassungsgabe und eine grundsoziale Einstellung zu entdecken.

 

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