Pressearbeit früher und heute: Was sich in 25 Jahren verändert hat

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Seit nunmehr 25 Jahren bin ich in der PR-Branche tätig. In dieser Zeit habe ich unzählige Pressemeldungen verfasst und versendet und Artikel, Interviews, Statements für Kunden geschrieben. Ich lernte Hunderte von Fachjournalisten und Redakteuren persönlich kennen, viele sind meine Wegbegleiter bis heute. Die Arbeit hat sich in 25 Jahren jedoch deutlich verändert. Darüber möchte ich heute erzählen.

Pressearbeit Ende der 1990er

Als ich anfing, was alles einfach. Die Pressemeldung war das zentrale Element der Pressearbeit. Es gab viele Fachmagazine, die Redaktionen waren üppig besetzt, die Redakteure und Redakteurinnen hat Zeit für Gespräche, Redaktionsbesuche oder einen Schnack auf einer Fachmesse. Die Pressemeldungen wurden auf dem Postweg (mit ausgedrucktem Foto) versendet. Pressemappen wurden aufwendig in klassischen Mappen erstellt und auf Messen im Pressezentrum ausgelegt. Wir haben damals ganze Samstage damit verbracht, Hunderte von Pressemappen mit Infos und Materialien zu bestücken.

Ich erinnere mich an ein echtes Highlight. Ich hatte für einen Kunden aus der Softwarebranche eine Pressetour in Süddeutschland organisiert. Süddeutschland, insbesondere die Region München, war das Zentrum der Fachpresse rund um IT, Computer und Software. Der Vertriebsleiter und ich besuchten an einem Tag gleich sechs Redaktionen, darunter Computerwoche, Computer Zeitung und Internet World Business. Jeder Redakteur (es waren ausschließlich Männer) nahm sich 1 Stunde Zeit, um sich eine Präsentation des Kunden anzuschauen und ein Interview mit dem Vertriebsleiter zu führen. Am nächsten Tag fuhren wir nach Augsburg, um u. a. das Fachmagazin IT-Business zu besuchen. Die Tour war ein voller Erfolg, alle Medien berichteten anschließen ausführlich über die damals innovative Content-Management-Lösung.

Auf Fachmessen wie die CeBIT wurde sich auf dem Messestand der Kunden verabredet und bei einem Kaffee gefachsimpelt.

Einige Zeit später änderte sich der Versandweg. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen verbreiteten die Pressemeldungen ohne Anschreiben in der Nacht per Massenfax. Das waren noch Zeiten.

Das neue Jahrtausend: Das Internet veränderte alles

Irgendwann musste auch in einsehen, dass der Versand der Meldungen auf dem Postweg oder per Fax nicht mehr zeitgemäß und erwünscht war. Die E-Mail hielt Einzug. Die ersten Medien begannen damit, ihre gedruckten Ausgaben durch Internet-Präsenzen zu ergänzen. Zunächst veröffentlichten die Presseerzeugnisse ihre gedruckten Texte eins zu eins im Internet. Erst allmählich entstand ein eigenständiger Online-Journalismus.

Aus verschiedensten Gründen, also nicht allein aufgrund der Verbreitung des Internets, wurden immer mehr Fachmedien zumindest im Printbereich komplett eingestellt. Die Computer Zeitung zum Beispiel wurde zum 27. Juli 2009 eingestellt, jedoch bis Oktober 2009 in einer Online-Version weitergeführt. Zum 17. Oktober 2009 wurde auch diese eingestellt.

Auch das Medienkonsum-Verhalten der Menschen führte dazu, dass Printmedien aus der Medienlandschaft verschwanden. Die übrig gebliebenen dünnten die einst üppig besetzten Redaktionen massiv aus. Wenige Redakteure und Redakteurinnen mussten die gleiche Arbeit übernehmen, die vorher viele machten. Ihre Zuständigkeitsbereiche und Ressorts wurden erweitert. Die Zeit für Schnacks, Pressegespräche, Event-Besuche wurde knapper. Viele der arbeitslos gewordenen Redakteure und Redakteurinnen wechselten notgedrungen die Seiten und machten sich als PR-Freelancer selbstständig. Für die PR-Agenturen wurde die Zusammenarbeit mit den Medien schwieriger. Plötzlich kämpften massenhaft viele Agenturen und Freelancer um die knappen, begehrten Plätze in den wenigen Printmedien und um das Gehör der Redakteure und Redakteurinnen.

Neben den klassischen Medien begannen immer mehr Blogs und die sozialen Netzwerke ihren Siegeszug im digitalen Medienzeitalter. Die Medien als zuverlässiger Lieferant von Informationen bekamen Konkurrenz.

Pressearbeit heute

Heute zählt in der Medienarbeit mehr denn je der persönliche Kontakt zu Redakteuren. Als Dienstleister muss sich im Dschungel der vielen Pseudo-Experten das Vertrauen durch Qualität und Zuverlässigkeit erarbeiten. Hat man das Vertrauen, ist es kein Problem, mal schnell einen Redakteur oder eine Redakteurin anzurufen oder eine persönliche E-Mail zu schreiben und ein Thema vorzuschlagen. Die wird dann auch beantwortet, wenn auch oft mit Zeitverzögerung. Aber das ist OK.

Apropos vorschlagen: Die Zeiten des Gießkannenprinzips, das wir vor Jahren noch praktiziert haben (siehe oben), sind endgültig vorbei. Dabei ist es dank E-Mail so verlockend. Einfach alle Adressen eintragen, den Text drunter und raus damit.

Wer aber heute als PR-Agentur oder Pressesprecher eines Unternehmens noch einen Artikel oder eine Pressemeldung an einen Massenverteiler sendet in der Hoffnung, jemand wird es noch lesen und drucken/online veröffentlichen, hat schlechte Karten. Tatsächlich verärgert man die Redakteure und Redakteurinnen, die nichts mit dem betreffenden Thema anfangen können. Denn auch das Löschen der E-Mail kostet Zeit und Nerven. Nach Aussagen dieser Personen gehen in manchen Posteingängen mehrere Tausend belanglose und nicht passende PR-Meldungen täglich ein.

Ach ja, noch ein Tipp, basierend auf eigenen Erfahrungen: Niemals alle E-Mail Adressen der Redakteure und Redakteurinnen ins An-Feld eintragen. Das ist ein absolutes No-Go. Nicht nur der Datenschutz lässt grüßen, es hinterlässt beim Empfänger auch kein gutes Gefühl, dass er bei dieser Nachricht einer von Hunderten ist. Bitte IMMER in BCC eintragen.

Besser ist es, auf die Planung und die tatsächlichen Bedürfnisse der Redakteure und Redakteurinnen einzugehen und Themen vorzuschlagen, die aktuell oder in naher Zukunft passen. Und die Beiträge müssen in der Regel exklusiv sein, also nur für dieses Medium.

Vorschlagen sollte man Themen heute in Form einer Pitch-Mail. Man stellt ein Thema vor und beschreibt in wenigen Sätzen die Story. Natürlich kann man immer noch fertige Artikel anbieten.

Übrigens ist die Pressemeldung immer noch ein adäquates Mittel, um tatsächliche News zu verbreiten, aber bitte nur an die Redakteure und Redakteurinnen des passenden Ressorts.

Wie ich bereits erwähnte, ist die Pressearbeit digitaler geworden. Neben den Print-Redaktionen (die es Gott sei Dank immer noch gibt) wurden in allen Verlagen eigene, unabhängige Online-Redaktionen ins Leben gerufen. Insbesondere für diese Medien ist es wichtig, die gelieferten Informationen gut aufbereitet anzubieten. Dazu gehören Bilder, Grafiken und weiterführende Links.

Und natürlich gelten immer noch die Grundregeln für Pressearbeit.

Heute bittet man Redakteure und Redakteurinnen auch nicht mehr um einen Beleg. Wer wissen möchte, ob ein Beitrag in Print oder Online erschienen ist, sollte in einen professionellen Ausschnittdienst investieren oder zumindest für Onlinebereich selbst Suchaufträge anlegen.

Zu einer guten Medienarbeit zählt auch, sich als Unternehmen oder Agentur über die sozialen Medien zu vernetzen und dort auf sich aufmerksam zu machen. Redakteure und Redakteurinnen recherchieren auch dort nach Inhalten und merken, wer wertvolle Informationen bereitstellt.

Übrigens kann man heute auch via LinkedIn pitchen, sofern man bereits mit einem Pressevertreter vernetzt ist.

Unsere Arbeit ist schwieriger geworden, anstrengender, aber auch intensiver.

 

PS: Viele der hier getätigten Aussagen und Beschreibungen beruhen auf persönliche Erfahrungen aus 25 Jahren Pressearbeit und haben sicher nicht immer Allgemeingültigkeit.

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